Riskanter Begleiter – Ablenkungsquelle Smartphone

Dreieinhalb Sekunden auf der Autobahn, abgelenkt bei Tempo 120 – das macht 120 Meter Blindflug. Wie häufig kurze Mail-Checks, Chats und sonstige Smartphone-Aktivitäten Unfälle verursachen, wird hierzulande von keiner Statistik erfasst. Doch Erhebungen aus den USA oder Österreich zeigen: Die Handynutzung am Steuer ist eine der Hauptursachen.

Dass die Situation in Deutschland vergleichbar ist, legt auch eine vor kurzem veröffentliche Studie der Technischen Universität Braunschweig nahe. Das Forscherteam um den Verkehrspsychologen Marc Vollrath hat im Februar und März 2016 auf der Autobahn A2 insgesamt 2.000 Autofahrerinnen und Autofahrer aus einem fahrenden Auto heraus beobachtet.

14,6 Prozent der Fahrer waren abgelenkt. 10 Prozent beschäftigten sich mit ihrem Handy, nicht nur um zu telefonieren, sondern auch um Apps zu bedienen. Mit 5,8 Prozent Anteil belegte das Handytippen den Spitzenplatz unter allen Nebenbeschäftigungen des Fahrers während der Fahrt. Männer tippten übrigens fast doppelt so häufig wie Frauen.

Ein etwas anderes Bild hingegen zeigen Studien im städtischen Verkehr. Hier verzeichneten die Verkehrsforscher der TU Braunschweig einen leichten Rückgang der Handynutzung während der Fahrt. Ob sich dieser positive Trend fortsetzt, bedarf weiterer Beobachtung.

Große Versuchung – noch größeres Risiko

Die Versuchung zum Handy zu greifen, scheint während einer langen und monotonen Autobahnfahrt größer als im hektischeren Stadtverkehr. Doch das Risiko ist infolge der höheren Geschwindigkeit noch größer als ohnehin.

Wer fährt und nebenher Textbotschaften liest oder schreibt, erhöht sein Unfallrisiko um das 164-Fache. Diese Zahl zitiert Sven Rademacher, Sprecher des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR), aus einer US-amerikanischen Studie.

Konsequenzen noch zeitgemäß?

60 € und ein Punkt in Flensburg – damit muss jeder Autofahrer rechnen, wenn er am Steuer mit dem Handy in der Hand erwischt wird. Telefonierende Radfahrer kommen übrigens auch nicht ungeschoren davon: Wer erwischt wird, zahlt 25 € Geldbuße.

Der betreffende § 23, Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung besagt: „Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.“

Ist dieses Handyverbot in Zeiten des Smartphone eigentlich noch zeitgemäß? Lenkt das Tippen auf einem Smartphone, das in einer festen Halterung montiert ist, das Bedienen einer App oder des bordeigenen Navigationssystems während der Fahrt etwa weniger ab? Nein, wie Untersuchungen zeigen.

Einstellungs- und Verhaltensänderung angeraten

Egal, ob mit oder ohne Freisprecheinrichtung: Wer am Steuer telefoniert, fährt, als hätte er 0,8 Promille Alkohol im Blut. Und wer nebenher SMS schreibt, ist nicht fahrtüchtiger als mit 1,1 Promille.

Ob sich die notwendige Selbstdisziplin allein durch Aufklärung und Risikosensibilisierung herstellen lässt, ist fraglich. Auch die Tatsache, dass die Zahl der geahndeten Handyverstöße zwischen 2011 und 2014 rückläufig war, sollte nicht als Beleg für eine Trendwende gesehen werden. Wenn Personal fehlt, um entsprechende Polizeikontrollen durchzuführen, sinkt natürlich auch die Zahl der festgestellten Verstöße.

So spricht sich der BAVC dafür aus, Informations- und Aufklärungsarbeit bereits in den Fahrschulen stattfinden zu lassen. Aber auch eine Modernisierung der gesetzlichen Regelung sowie häufigere Kontrollen scheinen notwendig, um eine Verhaltensänderung zu bewirken.




Fotonachweis: blackday