Smart-Parking: Pilotprojekt in Berlin abgeschlossen 

Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Navigations-App, die nicht nur durch den Großstadtdschungel lotst, sondern direkt zu einem freien Parkplatz - wenn nötig, samt Ladesäule für’s E-Auto. Zukunftsmusik? 2014 begannen die Arbeiten an dem weltweit ersten Modellprojekt City 2.e.2.0 in Berlin.(Der BAVC berichtete.) Nun ist der Abschlussbericht erschienen. Der BAVC hat sich mit ihm befasst.

Das Projekt unter Konsortialführung der System AG, gefördert mit Bundesmitteln, war erfolgreich. Die Systemkomponenten funktionieren, wenngleich noch einige Hürden genommen und Probleme gelöst werden müssen. Und diese Probleme können ganz banaler Natur sein. Wie die Straßenleuchten zum Beispiel, die die Radarsensoren zur Parkplatzerkennung beherbergen sollen.

Hightech trifft Lowtech

Rund 224.000 Straßenlaternen gibt es in Berlin. Davon spenden ca. 187.000 elektrisches und 36.480 Gaslicht. Es existieren 200 verschiedenen Leuchtentypen in weit über 1.000 verschiedenen Ausführungen. Die Gasleuchten sind bauartbedingt und aus Denkmalschutzgründen für Parkplatzdetektoren ungeeignet. Aber auch die elektrischen Laternen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Idealerweise sollten sie nach dem Jahr 2000 errichtet worden sein und über 2 Stromphasen verfügen. In dem Untersuchungsgebiet für das Projekt stehen insgesamt 33 Leuchten, von denen jedoch nur eine einzige die Kriterien erfüllte. Die anderen für den Feldversuch erforderlichen Leuchten mussten entsprechend umgerüstet werden.

Radarmodule
Links: der Prototyp der Radarsensoren, die getestet wurden. Rechts: Kombinierte Sensoren, mit denen die Messung der Geschwindigkeit von Verkehrsströmen zur Bestimmung des Verkehrsaufkommens getestet wurde.

Ursprünglich war geplant, die Sensoren in den Lampenköpfen der Laternenmasten zu platzieren. Doch technische Voraussetzungen und Auflagen des Betreibers der Stadtbeleuchtung ließen dies nicht zu.

Bodensensoren oder Radardetektoren – Welche Technik „sieht“ besser?

Versuche, den Belegungszustand von Parkplätzen vor Elektroladesäulen mit in den Asphalt eingelassenen Magnetfeldsensoren zu erfassen, hatten sich im Projektvorfeld als derzeit wenig praxistauglich erwiesen. Auch die Radartechnik, üblicherweise zum Erfassen bewegter Objekte eingesetzt, zeigte im Test noch Schwächen. Diese offenbarten sich u.a. im Abgleich mit den Nutzungsdaten der betreffenden Ladesäule. Hier lag die Übereinstimmung beim Erkennen kompletter Ladevorgänge bei rund 30 Prozent.

Beim Erfassen des Beginns oder des Endes von Ladevorgängen betrug die Übereinstimmung schon 50 Prozent. Eine weitere Erklärung dieser Abweichung ist jedoch, dass die Parkplätze vor Ladesäulen häufig von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zweckentfremdet werden. Auch ein Briefkasten in unmittelbarer Nähe zur Ladesäule dürfte im vorliegenden Falle eine Vielzahl sehr kurzer Parkvorgänge erklären, die sich nicht mit der Nutzung der Ladesäule deckten. Zudem hatten die getesteten Sensoren (noch) Probleme, schnell aufeinanderfolgende Ein- und Ausparkvorgänge zu erkennen.

Zweite-Reihe-Parkern auf der Spur

Erfolgreich getestet wurden auch kombinierte Detektoren, mit denen das System ruhenden und fließenden Verkehr orten und Verkehrsbehinderungen lokalisieren kann. Diese Daten in Echtzeit aufbereitet und Ordnungskräften per entsprechender App bereitgestellt, könnten künftig dazu beitragen, auch ein anderes Phänomen in den Griff zu bekommen. Eines, von dem nicht nur die Autofahrer in Berlin ein Lied singen können: Stau durch Zweite-Reihe-Parker.

Vorhersage verfügbarer Park- und Ladesäulenplätze

Dieser Teil scheint der Ambitionierteste des gesamten Projekts gewesen zu sein. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) entwickelte als Konsortialpartner ein Prognosemodul. Dieses erkennt und lernt auf Grundlage erhobener und von den Parkplatzdetektoren gesammelter Daten Nutzungsmuster eines bestimmten Parkraums und kann daraus Vorhersagen über die Verfügbarkeit eines Parkplatzes zu einem bestimmten Zeitpunkt in dem Parkraum entwickeln.

Was in der Theorie einfach klingt, erwies sich in der Praxis als schwierig. Nicht zuverlässig arbeitende Radarsensoren, Verbindungsabbrüche bei der Datenübertragung, Fehler in der Datenaufbereitung haben das Projekt insgesamt verzögert. Eine zu kleine Datenbasis führte wiederum zu Mängeln bei der Qualität der Vorhersage. Wenngleich sich das Konzept prinzipiell als tragfähig erwiesen hat, zeigte sich auch hier wieder die Komplexität des alltäglichen Straßenverkehrs.

Vorhandenen Parkraum besser nutzen

Im Rahmen des Projekts wurde im Untersuchungsgebiet - eine beliebte Einkaufs- und Wohngegend im Südwesten der Stadt - auch die Auslastung des öffentlichen und des halböffentlichen Parkraums (vor Supermärkten, in Parkhäusern) erhoben. Wie die Datenauswertung zeigte, kann eine erweiterte Nutzung des halböffentlichen Parkraums wesentlich zur Entspannung der innerstädtischen Parkplatzsituation beitragen.

Vor allem in den Tagesrandzeiten (früher Morgen und später Abend) wird der halböffentliche Parkraum kaum genutzt. Die öffentlichen Parkbuchten und -zonen am Straßenrand hingegen sind dann komplett zugeparkt. Die Erkenntnisse aus diesem Teilprojekt sprechen sehr dafür, auch halböffentlichen Parkraum in ein gemeinsames stadtweites Parkmanagementsystem zu integrieren.

Wie smart kann Parking bereits heute sein?

Die Parkdetektoren und die damit erhobenen Daten zur Parkplatzbelegung sind das Herzstück dieses Pilotprojektes gewesen. Und ein kleiner Teil City2.e ist bereits heute in der Praxis nutzbar. Mit der App MobilBerlin können Berliner und Berlinbesucher ihre Wege durch die Stadt planen.

MobilBerlin ist kostenlos, bietet eine komplette Tür-zu-Tür-Wegeplanung und berücksichtigt auch die Fußwege vom, bzw. zum Stellplatz. Die App bezieht dabei alle zur Verfügung stehenden Verkehrsmittel wie ÖPNV und einige Car- und Bikesharing-Anbieter ein. Besonders für Fahrer von Elektroautos interessant: Auf Basis der City 2.e-Parkdaten werden dabei nun auch Informationen zu Stellplätzen und Ladetechnik eingebunden. Der Nutzer kann unter folgenden Optionen wählen:

  • Routing zu einem ausgewählten freien Parkplatz
  • Routing zu einem freien Parkplatz in der Nähe der Zieladresse
  • Routing zu einem freien Parkplatz und Weiterfahrt mit dem ÖPNV
  • Routing zu einer freien Ladesäule
  • Routing zu einer freien Ladesäule mit freiem Parkplatz

MobilBerlin ist ein Produkt der VMZ Berlin Betreibergesellschaft GmbH, die im Auftrag des Berliner Senats tätig ist.

Offene Fragen

Wann und in welchem Umfang die hier getestete Technologie ihr Potenzial entfalten kann, wird sich zeigen. Die Möglichkeiten sind faszinierend und vielfältig. Entsprechend komplex sind auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, die noch erarbeitet werden müssen.

Ein zentrales Thema dabei ist wie immer der Datenschutz. Dass der hierzulande sehr ernst genommen wird, haben die Projektbeteiligten am eigenen Leibe erfahren. Wie dem Bericht zu entnehmen ist, mussten für eine zusätzlich installierte Videokamera, die im Versuch zur Überwachung der Parkplatzdetektoren diente, ganz besondere Auflagen erfüllt werden. Das Videobild durfte nur eine sehr geringe Auflösung bieten, nicht gespeichert werden und nur als Videostream einer kleinen Zahl vorher benannter Mitarbeiter zugänglich sein. Im Bild durften weder Gehwege noch Wohnungen sichtbar sein. Überdies sollten Schilder am Mast auf den Kamerabetrieb hinweisen. Die Klärungsphase mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten zog sich insgesamt über ein Jahr hin.


Fotos: PEAK.B