Seit 50 Jahren ständiger Begleiter: der Verbandkasten

Über 400.000 Verkehrsunfälle mit Personenschaden und rund 21.000 Verkehrstote pro Jahr. Als Anfang der 1970 Jahre der Verbandkasten zum Pflichtinventar fürs Auto wurde, war das Anschnallen noch verpönt. Erst im Januar 1976 wurde es Pflicht, begleitet von der Kampagne „Erst gurten – dann starten.“ Inzwischen haben sich diese hohen Unfall- und Verkehrstotenzahlen – trotz weiterhin steigenden Verkehrsaufkommens – glücklicherweise mehr als halbiert. So gab es 2020 „nur“ noch 138.824 Verkehrsunfälle mit Personenschaden und 2.719 Verkehrstote. Dieser Rückgang dürfte in erster Linie den Innovationen in der Fahrzeugsicherheit zu verdanken sein. Doch selbst wenn ABS und Airbag das Schlimmste verhindern helfen - auch heute noch ist ein vollständiger und gebrauchsfähiger Verbandkasten unverzichtbar, um vor Ort Erste Hilfe leisten zu können.

Keine Pflicht ohne Norm

Die Pflicht zum Mitführen eines Verbandkastens im Fahrzeug ist im § 35h der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) geregelt. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten sind in Deutschland Motorräder von dieser Pflicht ausgenommen. Verbandmaterial dabei zu haben, ist jedoch auch für Kradfahrer überaus sinnvoll. Auch das, was in diesen Verbandkasten hineingehört, ist per Norm geregelt: DIN 13164 Erste-Hilfe-Material – Verbandkasten B.

Pflichtbestandteile

Im Laufe der Jahre haben sich die Vorgaben für den Inhalt des Verbandkastens, der bei privaten Pkw auch in Gestalt eines Kissens oder einer Tasche daherkommen darf, leicht geändert, jeweils orientiert an neuesten medizinischen Erkenntnissen. Zu den wichtigsten Ergänzungen des Inhalts zählen die seit Ende der 1980er-Jahre vorgeschriebenen Einmalhandschuhe. Sie sollen den Helfer vor möglichen Infektionen schützen. Etwas später kam die aluminiumbeschichtete Rettungsdecke hinzu, die das Auskühlen eines Verletzten verhindert.

Die letzte Änderung trat im Januar 2014 in Kraft. Pflichtbestandteile des Verbandkastens sind seitdem:

  • 1 Heftpflaster (DIN 13019-A), 5 m x 2,5 cm
  • 4 Wundschnellverbände (DIN 13019-E), 10 cm x 6 cm
  • 1 Verbandpäckchen K (DIN 13151-K)
  • 2 Verbandpäckchen M (DIN 13151-M)
  • 1 Verbandpäckchen G (DIN 13151-G)
  • 1 Verbandtuch (DIN 13152-BR), 40 cm x 60 cm
  • 1 Verbandtuch (DIN 13152-A), 60 cm x 80 cm
  • 6 Kompressen, 10 cm x 10 cm
  • 2 Fixierbinden (DIN 61634-FB-6)
  • 3 Fixierbinden (DIN 61634-FB-8)
  • 2 Dreiecktücher (DIN 13 168-D)
  • 1 Rettungsdecke, 210 x 160 cm
  • 1 Erste-Hilfe-Schere (DIN 58279-A 145)
  • 4 Einmalhandschuhe (DIN EN 455)
  • 1 Erste-Hilfe-Broschüre
  • 2 Feuchttücher zur Hautreinigung
  • 14-teiliges Fertigpflasterset

Für 2022 wird eine Aktualisierung des Pflichtinventars erwartet. Laut Planungen des Bundesverkehrsministeriums sollen, bedingt durch die Corona-Pandemie, dann künftig auch zwei Schutzmasken dazugehören.

Komponenten austauschen oder komplett ersetzen?

Wer bei einer Polizeikontrolle ohne Verbandkasten erwischt wird oder mit einem, dessen Verfallsdatum abgelaufen ist, muss mit 5 bis 25 € Verwarnungsgeld rechnen. Diese Maßnahme ist jedoch rechtlich umstritten, da die Verbandkastennorm nichts über das Verfalldatum besagt.

Auch das außen auf dem Verbandkasten bzw. -tasche angebrachte Verfallsdatum ist bei einem privat genutzten Pkw unerheblich - vorausgesetzt, die abgelaufenen sterilen Inhalte wurden durch neue ersetzt und das Inventar samt der übrigen unsterilen Bestandteilen, die keinem Verfallsdatum unterliegen, wie z.B. die Schere, ist komplett. Entscheidend ist, dass die Komponenten der geltenden Norm entsprechend zertifiziert sind. Alternativ zu den Einzelbestandteilen sind die sterilen Pflichtkomponenten auch als Nachfüllsets im Handel erhältlich.

Übrigens:

Abgelaufenes Verbandsmaterial muss nicht sofort im Müll landen, sondern kann auch noch in der Hausapotheke Verwendung finden. Auch das DRK, die Johanniter, Malteser oder der ASB freuen sich über ausrangierte Verbandkästen als Spende. Eingesetzt in Erste-Hilfe-Kursen, leistet das Material gute Dienste bei den Übungen für den Ernstfall.

Wie lange liegt eigentlich Ihr letzter Erste-Hilfe-Kurs zurück? BAVC-Mitglieder, die ihre Kenntnisse auffrischen möchten, erhalten einen Zuschuss für die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs.

 

 

 


Foto: Pixelshot

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