Navigationssysteme – Orientierungshilfe für Lotsen
Früher reiste ein backsteinschwerer Auto-Atlas mit. Im Handschuhfach oder in der ausgebeulten Rücklehnentasche des Beifahrersitzes. Je nach Gebrauch mehr oder weniger stark zerfleddert. Heute bevölkert in der Regel ein fest verbautes oder mobiles Display das Armaturenbrett – pardon – Cockpit. Ausgestattet mit Hardware, von deren Leistungsfähigkeit die Astronauten des Apollo-Mondlande-Programms nur träumen konnten. Wer sich heute ein neues Auto zulegen möchte, steht zwangsläufig vor der Frage: Gönne ich mir das volle Infotainmentpaket samt Navigationssystem oder kann ich mir das sparen? Diese Entscheidung muss jeder selbst treffen. Dennoch gibt es ein paar Aspekte, die man dabei im Blick haben sollte. Die Wesentlichen haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Assistenzsysteme im Auto gewinnen immer mehr an Bedeutung. Einige davon sind bereits Pflicht für Neuwagen (wir berichteten.) Noch keine Pflicht, doch aus dem Auto nicht mehr wegzudenken, sind Navigationssysteme – kurz und liebevoll Navi. Hierbei lassen sich grob drei verschiedene Typen unterscheiden:
- Festverbaute Systeme, die Teil des Bord-Kommunikationssystems sind und mit einem Monitor im Armaturenbrett und/oder ein Head up Display genutzt werden können.
- Mobile Navigationssysteme, die per Halterung an der Windschutzscheibe oder den Lamellen der Belüftungsdüsen befestigt werden.
- Navi-Apps für Smartphones, die ebenfalls per Halterung in Reichweite des Fahrers platziert werden.
Festverbaute Navis
Mobile Navis
Navi-Apps für Smartphones
Google Maps – der Platzhirsch
Here WeGo – die Alternative
Waze – das Mitmach-Navi
Calimoto Motocycle Routes – Lotse für Biker
Zwischenruf: Warnung vor Blitzerwarnern
Komoot – Begleiter für Radfahrer und Wanderer
Festverbaute Navis
Vorteile:
- Perfekt ins Fahrzeug integriert
- In der Regel große Displays mit hoher Auflösung
- Oft mit anderen Fahrzeugfunktionen/-sensoren vernetzt (z.B. Spritverbrauchsanzeige, Verkehrszeichenerkennung, Rückfahrkamera etc.)
- Bedienung über Lenkrad oder Touchscreen möglich
- Stabileres GPS-Signal dank der im Auto integrierten Antennen, die für besseren Empfang sorgen als die Mini-Antennen in einem portablen Navi oder Smartphone
- Kann auch bei fehlendem GPS-Empfang, etwa im Tunnel oder auf unterirdischen Parkdecks, aus den Daten von Tachometer und Lagesensoren die Position des Autos bestimmen.
- Über Schnittstellen wie (z.B. Apple / Google Carplay) auch Nutzung von Smartphone-Apps möglich
Nachteile:
- Teuer in der Anschaffung (Kosten ab 1.000 €)
- Nachrüstung möglich, aber ebenfalls kostspielig
- Updates können aufwändig und kostenpflichtig sein
- Wenig flexibel, da ans Fahrzeug gebunden
- Technologie und Bedienkonzepte können schneller veralten als bei regelmäßig aktualisierten Apps
Mobile Navis
Vorteile:
- Unabhängig vom Smartphone
- Mittlerweile kontraststarke Displays mit guter Auflösung
- Robustes Gehäuse, für Autonutzung konzipiert
- Stromversorgung über Zigarettenanzünder
- Speziell für Navigation optimiert, bessere Handhabung durch reduzierten Funktionsumfang
- Meist gute Offline-Funktionalität (muss nicht mit dem Internet verbunden sein, um navigieren zu können).
- Nicht an Fahrzeug oder Person gebunden
Nachteile
- Zusätzliches Gerät, das mitgeführt werden muss
- Kartenaktualisierungen können kostenpflichtig sein und erfordern Internetzugang
- Weniger flexibel als Smartphone-Apps
- Teurer in der Anschaffung als eine Smartphone-App
Einen Testbericht zu aktuellen mobilen Navis finden Sie zum Beispiel hier (externer Link).
Navi-Apps für Smartphones
Vorteile:
- Kostengünstig oder kostenlos
- Regelmäßige Updates mit aktuellen Karten und Funktionen
- Echtzeit-Verkehrsinformationen (z.B. bei Google Maps oder Waze)
- Flexibel auf verschiedenen Geräten nutzbar
- Oft zusätzliche Funktionen wie POI-Suche (Point of Interest wie z.B. Sehenswürdigkeiten, Hotels, Tankstellen etc.) oder Bewertungen
- Breites Angebot an Apps für unterschiedliche Nutzergruppen
Nachteile:
- Abhängig von Mobilfunkempfang
- Kann durch Anrufe oder Benachrichtigungen unterbrochen werden
- Je nach App-Typ hoher Datenverbrauch
- Benötigt sichere Halterung im Auto
In den App-Stores von Google und Apple gibt es eine breite Auswahl an Navi-Apps. Einige davon setzen eine Internetverbindung voraus, manche bieten zusätzliche Funktionen wie einen Spurassistenten oder die POI-Suche (Point of Interest), mit der entlang der Route nach Tankstellen, Restaurants, Parkplätzen etc. gesucht werden kann.
Darüberhinaus sind immer mehr dieser Apps Android-Auto- bzw. Apple-Carplay-fähig und können daher mit den Infotainment-Systemen der Autos verwendet werden. Fünf relevante Apps seien hier kurz vorgestellt.
Google Maps – der Platzhirsch
Die App bietet verschiedene Darstellungsmodi, neben der klassischen Kartenansicht auch eine auf Grundlage von Satellitenbildern. Die aktuelle Verkehrslage fließt in die Routenplanung ein. Mittels Echtzeitdatennutzung kann die App bei bestehendem oder drohendem Stau auf der befahrenen Strecke auch kurzfristig Alternativrouten anbieten. Wer die App im Offline-Modus nutzen möchte, muss vor Fahrtantritt das Kartenmaterial der betreffenden Strecke downloaden.
Die Funktionen der Echtzeitdatennutzung, wie Stauwarnung und automatisierte Alternativroutenempfehlungen sind im Offline-Modus nicht verfügbar. Google Maps bietet, wie auch der Apple Kartendienst, Routen für öffentliche Verkehrsmittel, Radfahrer und Fußgänger. Auch Fahrdienste (Taxis)und Shared Mobility-Angebote lassen sich mit der App in die Routenplanung einbinden.
Die zu Google gehörende Navigations-App ist in der Regel auf jedem Android Smartphone vorinstalliert. Apple Smartphone-Nutzer, die nicht den Apple-eigenen Kartendienst nutzen wollen, der auf ihrem Smartphone vorinstalliert ist, können die iOS-Version von Google Maps für iPhone oder iPad im Apple App Store kostenlos downloaden.
Here WeGo – die Alternative
Die App versteht sich als eine Alternative zu Google Maps und arbeitet mit Firmen wie Wikipedia, TripAdvisor und der Mitfahrgelegenheitsplattform Blablacar zusammen. Sie ist optisch ansprechend und übersichtlich gestaltet. Die Nutzerführung ist intuitiv und lotst nicht nur Autofahrer, sondern auch Fußgänger und Radfahrer.
Angebote öffentlicher Verkehrsmittel und Mitfahrgelegenheiten sind ebenfalls integriert. Das umfangreiche Kartenmaterial ist auch im Offline-Modus nutzbar, dann allerdings ohne Echtzeitinformationen. Darüber hinaus unterstützt die App auch Apple Carplay, jedoch nicht Android Auto.
Here WeGo im Google App Store (externer Link) Here WeGo im Apple App Store (externer Link)Waze – das Mitmach-Navi
Diese App setzt vermehrt auf die eigene Community. Wer sie nutzt, kann als aktiver Teil der Nutzerschaft beispielsweise Staus oder Unfälle melden. Das hilt der App, Nutzer besser an Staus vorbeizuführen. Waze verfügt über keinen Fahrspurassistenten und ist auch nicht offline nutzbar. Dafür bietet die kostenlose App zahlreiche Einstellmöglichkeiten.
Eine ihrer zentralen Funktionen ist die Fahrzeitplanung, die uhrzeitabhängig die jeweilige Fahrtdauer anzeigt. Waze kann per iPhone oder Android-Smartphone genutzt werden und unterstützt auch Apple Carplay und Android Auto.
Weitere Informationen hier (externer Link)Calimoto Motocycle Routes – Lotse für Biker
Unter Motorradfahrern sehr beliebt waren mobile Navigationsgeräte. Seit diese auf dem Rückzug sind, genießen die Navi-Apps auch bei den Bikern mehr Zuspruch. Dennoch gibt es wenige Navi-Apps, die explizit für Motorrad konzipiert sind. Eine davon war Navigon Cruiser.
Nachdem sich Navigon aus dem Navi-App-Geschäft zurückgezogen hat, füllt Calimoto Motocycle Routes die Lücke. 2016 von einem Berliner Startup auf den Markt gebracht, unterstützt die App den Fahrspaß auf zwei Rädern. Neben reiner Navigation lassen sich Touren planen, aufzeichnen oder mit anderen GPS-basierten Geräten aufgezeichnete Touren hochladen und auch auf den PC übertragen.
Darüber bietet die App die Möglichkeit, aufgezeichnete Touren anderer Mitglieder der Community nachzufahren. Mit Hilfe der App können die gefahrenen Touren auch in Form von Statistiken mit Parametern wie Beschleunigung, Schräglage und anderen Kenngrößen aufbereitet und dokumentiert werden.
Die Basisversion der App ist kostenfrei. Sie enthält einen u.a. einen Tourenkatalog und einen Tourenplaner. Damit können GPS-Daten von Touren in verschiedenen Datenformaten exportiert und auch mit anderen Apps wie z.B. Google Maps oder auch mobilen Navigationsgeräten genutzt werden. Für die Vollversion ist ein kostenpflichtiges Abo mit wöchentlicher oder jährlicher Mitgliedschaft erforderlich. Dieses beginnt nach 14-tägiger Gratis-Probezeit, sofern es nicht innerhalb dieser Frist gekündigt wird.
Weitere Informationen hier (externer Link)Zwischenruf: Warnung vor Blitzerwarnern
Unter den vielen Zusatzfunktionen, mit denen Navi-Apps werben und punkten wollen, findet sich häufig auch ein Blitzerwarner. Dessen Verwendung ist jedoch illegal. Zwar hält sich noch immer das Gerücht, die Verwendung der Funktion sei erlaubt, wenn der Beifahrer die App nutzt. Doch inzwischen hat das Oberlandesgericht Karlsruhe für Klarheit gesorgt und mit seinem Urteil (AZ 2 ORbs 35 Ss 9/23) die Nutzung von Blitzerwarnern auch für Mitfahrer verboten.
Wer während der Fahrt einen Blitzerwarner nutzt und erwischt wird, muss mit 75 € Bußgeld und einem Punkt in Flensburg rechnen. Dabei ist völlig unerheblich, ob die Blitzerwarnfunktion, bzw. die Blitzer-App eingeschaltet oder lediglich auf dem Gerät installiert ist. Denn die Funktion gilt bereits als betriebsbereit, wenn sie während der Fahrt ohne Aufwand eingeschaltet werden kann.
Nicht strafbar hingegen ist es, sich vor der Fahrt über Blitzer auf der Strecke zu informieren – z.B. auf der Website blitzer.de (externer Link).
Auch Radiohören kann helfen. Die Durchsagen von Blitzerstandorten sind rechtens. Am besten ist es natürlich, genügend Zeit für die Fahrt einzuplanen und die vorgegebenen Geschwindigkeiten einzuhalten.
Komoot – Begleiter für Radfahrer und Wanderer
Vom Konzept her ähnlich wie Calimoto, ist Komoot als Navigations-App und Routenplaner speziell für Radfahrer und Wanderer gedacht. Die Grundversion der App kann nach Registrierung kostenlos verwendet werden. Offline-Karten einzelner Regionen können nach Bedarf und für einen geringen Betrag herunterladen werden.
Alternativ sind sie auch als Komplettpaket erhältlich. Mit Komoot lassen sich Tourvorschläge der Redaktion und der Nutzer-Community u.a. auch nach Fitnesslevel oder dem verwendeten Radtyp (Rennrad, Mountainbike oder E-Bike) filtern.
Strecken tracken kann Komoot ebenfalls. Außerdem zeigt die App während der Fahrt bzw. Wanderung Daten wie Geschwindigkeit oder zurückgelegte Strecke an. Komoot läuft unter iOS sowie Android und funktioniert – wie Google Maps oder Apple Karten – auch mit einer Smartwatch. Der volle Funktionsumfang ist in der Premiumversion als Jahresabo verfügbar.
Weitere Informationen hier (externer Link)
Bild: Goldman / PEAK.B