Taxi für alle

Lässig am Straßenrand zu stehen und eine der elfenbeinfarbenen Motordroschken herbeizuwinken, funktioniert im Alltag selten auf Anhieb. Auch per Taxi-App kann es mitunter dauern. Doch was ist das schon im Vergleich zu den Schwierigkeiten, die Menschen dabei haben, die noch dazu auf einen Rollstuhl angewiesen sind. In Großstädten wie New York oder London sind rollstuhlgerechte Taxis Routine. Hierzulande gibt es selbst in Städten wie Berlin kein nennenswertes Angebot. Die Initiative „Inklusionstaxi, Taxi für Alle“ des Sozialverbands Deutschland, Landesverband Berlin-Brandenburg, will das ändern.

Rund 8.000 Taxis sind in Berlin im Einsatz, um Touristen, Geschäftsreisende, Nachtschwärmer und sonstige Fahrgäste auf Kommando von A nach B zu befördern. Von solcher Spontaneität können Rollstuhlfahrer bisher nur träumen. Denn auch der öffentliche Nahverkehr ist noch weit davon entfernt, wirklich barrierefrei zu sein. Und wenn Bahn und Bus dann noch streiken, lautet für viele die einzige Alternative: zuhause bleiben.

Gleiches Mobilitätsrecht für alle

Menschen mit Behinderung die unabhängige Lebensführung und Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, fordert die UN-Behindertenrechtskonvention. Für den öffentlichen Nahverkehr schreibt das Gesetz vor, dass er ab dem Jahr 2022 barrierefrei sein muss. Ein hehres Ziel. Aber lässt sich auf diese Weise Mobilität für alle wirklich zu 100 % gewährleisten? Denn auch nach 2022 können Aufzüge defekt sein, Busse überfüllt und U-Bahnen ausfallen. Einziger Anbieter einer spontanen Tür-zu-Tür-Beförderung bleibt also das Taxi, genauer gesagt: das Inklusionstaxi.

Projekt Inklusionstaxi

Das Inklusionstaxi kann wie ein ganz normales Taxi genutzt werden. Platzkapazität und Nutzungskomfort sind so bemessen, dass es Menschen, die im Rollstuhl sitzen, befördern kann. Aber auch andere Nutzergruppen profitieren von dem erweiterten Raumangebot. Denn der Transport von Gruppen, Gepäck, Kinderwagen und Sportgerät ist damit ebenfalls leichter möglich als in konventionellen Taxis. Alle namhaften Autohersteller haben geeignete Modelle für eine derartige Umrüstung im Programm. Übrigens: Londoner Taxis sind bereits ab Werk zu 80 % behindertengerecht.

Multi-Taxi-Grundriss
Grundriss eines Inklusionstaxis (Quelle: Opel / Multitaxi)
Multi-Taxi-Innenansicht
Im Innenraum ausreichend Platz für Passagiere mit und ohne Rollstuhl (Quelle: Opel / Multitaxi)
Multi-Taxi-Aussenansicht
Das SoVD-Inklusionstaxi - von außen wie ein typisches Großraumtaxi, aber mit Rollstuhlrampe (Quelle: SoVD)

Ein Modell nur für die Metropole?

Die Berliner Initiative will darauf hinwirken, dass, gefördert durch die Politik, in absehbarer Zeit auch in allen anderen Städten und Regionen die Taxiflotten über eine ausreichende Zahl barrierefreier Fahrzeuge verfügen. Ausreichend heißt, dass auch sie binnen einer vertretbaren Wartezeit von max. 15 Minuten zur Stelle sind. Für eine Stadt wie Berlin mit einer vergleichsweise hohen Anzahl an Taxis je Einwohner bedeutet dies, dass rund 10 % der insgesamt 8.000 Taxis barrierefrei sein müssten, also 800 Fahrzeuge.

Optimistisch stimmt, dass der rot-rot-grüne Berliner Senat seinen Willen zu mehr Gleichberechtigung nicht nur durch sein Bekenntnis zu Unisex-Toiletten ausdrückt. Denn er hat auch das Inklusionstaxi als politisches Ziel erkoren. Ob es früher kommt als der Berliner Flughafen – wir wollen es hoffen.

Weitere Informationen zum Projekt:




Fotonachweis: Rainer Fuhrmann