Sicherheit für Kinder im Auto

Unfälle mit Kindern gehören nach wie vor zum traurigsten Kapitel unseres Verkehrsalltages. Im Jahr 2017 kam im Schnitt alle 18 Minuten ein Kind im Alter von unter 15 Jahren im Straßenverkehr zu Schaden, 29.259 Kinder insgesamt (2,5 % mehr als 2016). 61 davon starben, fünf weniger als im Vorjahr. Noch immer sind es zu viele. Doch zeigt der Vergleich mit 1978, dem ersten Jahr für das Zahlen für Gesamtdeutschland vorliegen, eine sehr positive Entwicklung.

Im Jahr 1978 kamen im Straßenverkehr noch 1.449 Kinder ums Leben. 24 mal so viele wie im Jahr 2017 (Quelle: Statistisches Bundesamt). Kinder haben im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil ein geringeres Unfallrisiko bei Verkehrsunfällen als andere Altersgruppen. Wenn sie verunglücken, so geschieht dies am häufigsten als Insasse in einem Pkw. Kleinkinder im Alter bis 6 Jahren sind meist im Pkw ihrer Eltern unterwegs. Wenn sie im Straßenverkehr verunglücken, so am häufigsten als Passagier im elterlichen Auto (63,8 % im Jahr 2017).

Ähnlich sieht es in der Altersgruppe der 6-bis 9-jährigen Verkehrsunfallopfer aus. In 40,5 % aller Fälle verunglücken sie als Insassen von Pkw. 10- bis 14-Jährige hingegen verunglücken am häufigsten mit Fahrrad. Von den 61 im Jahr 2017 im Straßenverkehr getöteten Kindern verloren die meisten als Mitfahrer in einem Pkw das Leben (37,7 %). Als Fußgänger kamen 31,1 % der Kinder ums Leben, 24,6 % als Fahrradfahrer. Es spricht also viel dafür, die Sicherheit der Kinder auch im Auto weiterhin zu verbessern, um die Zahl der Opfer zu verringern.

Was regelmäßige Studien zum Sicherheitsbewusstsein zeigen

Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) führt seit 1997 Beobachtungs- und Befragungsstudien durch. Die jüngste der insgesamt fünf Erhebungen fand zwischen Juni 2016 und September 2017 in den Großräumen Berlin und München u.a. auf Supermarktparkplätzen statt. Insgesamt 1.042 Personen mit im Auto gesicherten Kindern wurden auf ihre Kenntnisse und Sicherheitsgewohnheiten angesprochen und die Korrektheit im konkreten Fall überprüft.

Schlechte oder gar riskante Sicherung

Rund die Hälfte aller Kinder unter zwölf Jahren waren im Auto nicht richtig gesichert. 60 % davon sogar so falsch, dass sie im Falle eines Unfalls schwerste Verletzungen davongetragen hätten.

Unsachgemäße Gurtnutzung

Nicht genutzte, falsch geführte oder nicht straff gezogene Befestigungsgurte an Kindersitzen und Babyschalen – das waren die gravierendsten Fehler, die bei der Erhebung festgestellt wurden. Auch die Gurte, die die Kinder in den Sitzen angelegt hatten, waren häufig zu locker, um wirklichen Schutz bieten zu können.

Fahrlässigkeit und Unwissenheit

Auf die Fehler angesprochen, offenbarte rund die Hälfte der Befragten mangelhafte Kenntnisse hinsichtlich der korrekten Handhabung. 20 % gaben an, aus Zeitnot oder in Anbetracht der Kürze der Fahrtstrecke die Sicherheit vernachlässigt zu haben. In einigen Fällen hatte das Kind selbst den Gurt gelöst oder die Arme darunter hindurchgeführt.

Handlungsempfehlungen für Hersteller

Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), sieht auch die Sitzhersteller in der Pflicht. Eine ausführliche schriftliche Anleitung liege zwar bei, sei aber oft schwer verständlich, insbesondere bei Sprachproblemen. (So hatte sich in der Studie u.a. auch gezeigt, dass Kinder bei Personen mit nicht deutscher Staatsangehörigkeit signifikant schlechter gesichert waren.)

Der UDV-Leiter sprach sich für Anleitungsfilme und ausführliche Einweisungen durch den Fachhandel aus und fordert auch eine Änderung bei den Sitztests. Diese sollten nicht nur das Crashverhalten untersuchen, sondern auch eine einfache und sichere Handhabung als Kriterium berücksichtigen. Gesetzliche Änderungen hält Brockmann hingegen für nicht erforderlich. Auch das Strafmaß bei Nichtbenutzung oder Benutzung falscher Sicherungseinrichtungen sei ausreichend.

Welcher Sitz für welches Kind?

Seit 1993 sind Kindersitze für die Mitnahmen von Kindern im Auto Pflicht. Seitdem gilt: Kinder unter 12 Jahre und weniger als 150 cm Körpergröße dürfen im Auto nur in einem altersgerechten und geprüften Kinderrückhaltesystem mitfahren.

Um diesen Vorgaben zu entsprechen, sind im Laufe der Kindesentwicklung erfahrungsgemäß mindestens zwei Kindersitze erforderlich: für die Neugeborene eine Babyschale. Darin werden Kleinkinder bis bis zu 13 Kilogramm oder 18 Monaten rückwärtsgerichtet transportiert, wobei diese Sitzrichtung bis 9 kg Pflicht ist. Und anschließend – spätestens, wenn der Kopf des Kindes über den Rand der Schale hinausragt – ein größerer Sitz. Dann kann auf ein Sitzsystem gewechselt, das nicht gegen die Fahrtrichtung ausgerichtet ist.

Tipp: Die Testdatenbank von Stiftung Warentest enthält Testergebnisse für Kindersitze aller Altersstufen und kann bei der Suche nach dem passenden Modell Orientierungshilfe leisten.

Was bedeuten Bezeichnungen wie z.B. i-Size?

Bei i-Size handelt es sich um die erste Phase der neuen EU-Sicherheitsverordnung R129. Diese ist im Juli 2013 in Kraft getreten und sieht einen rückwärts gerichteten Kindersitz (Reboarder) für Kinder bis 15 Monate vor. Damit soll die Sicherheit für Kinder beim Autofahren erhöht werden. Bis 2018 lief sie parallel zur alten ECE-R-44-Norm und soll diese künftig vollständig ablösen.

Während die ältere Norm ECE R 44 Kindersitze nach dem Körpergewicht der Kinder unterteilt – von der Geburt bis max. 36 kg Körpergewicht –, ist die iSize-Norm ECE R 129 an der Körpergröße ausgerichtet:

  • Phase 1: von der Geburt bis max. 105 cm
  • Phase 2: von 100 bis 150 cm
  • Die alte Norm ECE R 44 sieht eine rückwärts gerichtete Fahrposition für Kinder bis 9 kg vor. i-Size löst sich von Gewichtsvorgaben und bezieht sich lediglich auf das Alter des Kindes (15 Monate), in dem es in einem Reboarder im Auto mitfahren soll.

    Auch an der Art des Einbauens gibt es mit i-Size-Neuerungen. Während Kindersitze nach ECE R 44 in den meisten Fällen nur mit den Autogurten im Auto eingebaut werden, funktionieren i-Size-Sitze mit Isofix. Die einfache und schnelle Anbringung soll Einbaufehler und das damit einhergehende Verletzungsrisiko für Kinder minimieren.Reboarder und vorwärts gerichtete Kindersitzen nach neuer Norm bieten zudem besseren Schutz für Kopf und Nacken, was das Verletzungsrisiko bei Frontal- und Seitenunfällen enorm verringert. Außerdem müssen Kindersitze nach i-Size-Norm einen Seitenaufpralltest bestehen, um zugelassen zu werden.

    Tipp: Kinder richten sich in ihrem Wachstum nicht nach Normen. Zum Sitzkauf sollten Sie Ihr Kind möglichst mitnehmen und probesitzen lassen.

    Gibt es gute Sitze, die das Kind die gesamte Kindheit über nutzen kann?

    Laut Stiftung Warentest gibt es auf dem deutschen Markt nur einen Kindersitz, dessen Hersteller darin guten Schutz vom Säuglingsalter bis zum zwölften Lebensjahr verspricht. Doch Tests zeigten, dass das Kind nur bei Frontalcrash ausreichend geschützt ist. Es bleibt also bei der Empfehlung, zunächst eine Babyschale anzuschaffen und später auf einen größeren Sitz zu wechseln.

    Welches Sitzkonzept ist sicherer: in Fahrtrichtung oder gegen die Fahrtrichtung (Reboarder)?

    Bei Säuglingen und Kleinkindern ist die Halsmuskulatur schwach ausgeprägt. Sitzen sie entgegen der Fahrtrichtung, werden Kopf und Oberkörper synchron abgebremst. Das schützt den sensiblen Nacken vor ruckartigen Bewegungen. Erst ab etwa 15 Monaten können Kinder ihren Kopf selbst stützen, und das Verletzungsrisiko sinkt. Aus diesem Grund sollten Kinder so lange wie möglich rückwärtsgewandt fahren – zumindest bis sie laufen können.

    Optimal sind i-Size-Sitze, die den rückwärtsgerichteten Transport bis zu einer Körpergröße von 105 Zentimetern erlauben, also bis etwa vier Jahre. Allerdings sind die Beine der Kleinen meist schon im Alter von etwa zweieinhalb Jahren zu lang, um dabei auch bequem zu sitzen.

    Wo kaufe ich einen Autokindersitz am besten?

    Für eine erste Modell-Recherche empfiehlt der BAVC, wie eingangs erwähnt, die Testdatenbank von Stiftung Warentest. Dort lassen sich aktuelle Testergebnisse kostenpflichtig online abrufen. Natürlich kann man heutzutage auch Kindersitze online kaufen und bei Nichtgefallen zurückschicken. Doch Ihr Kind muss nicht nur auf den Sitz passen. Der Sitz muss auch in Ihr Auto passen. Für umfassende Beratung, Sitzprobe oder ggf. auch Testmontage im Auto ist deshalb der Fachhandel vor Ort eine überzeugende Alternative. Und wer fair ist, lässt sich dort nicht nur ausführlich beraten und alles zeigen.

    Was taugen gebrauchte Kindersitze?

    Einen gebrauchten Autokindersitz zu kaufen, sollten Sie nur erwägen, wenn Sie Herkunft und Vorgeschichte kennen. Und selbst dann nur, wenn alle Gurte, Polster und vor allem die Gebrauchsanleitung vorhanden sind. Andernfalls sollten Sie die Finger davon lassen. Ob ein Sitz bereits einen Unfall überstehen musste, sieht man ihm nicht unbedingt an. Doch nach einem Unfall sind Autokindersitze Schrott. Selbst wenn sie äußerlich unversehrt scheinen, können Haarrisse im Material den Sitz unsicher machen.

    Den Sitz im Auto befestigen – Isofix oder Gurt?

    Die Isofix-Befestigung – häufig zu erkennen am Wort i-Size oder an der Silbe Fix im Produktnamen – ist oft die praktischere Variante: Mit wenigen Handgriffen wird der Sitz auf der Rückbank installiert, indem man die beiden Halterasten des Kindersitzes in den Isofix-Halteösen im Knick zwischen Sitz- und Rückenpolster der Fondssitze einrasten lässt. Bei einigen Pkw-Modellen sind auch die Beifahrersitze serienmäßig mit Isofix-Halterungen ausgestattet.

    Kindersitze mit dem Dreipunktgurt auf der Rückbank zu befestigen, ist häufig umständlicher und aufwendiger. Wer Isofix-Halterungen im Auto hat, sollte sie nutzen. Fest mit der Karosserie verankert, gelten sie als besonders sicher bei Frontalaufprall. Seit November 2014 ist Isofix die Norm für neuzugelassene Pkw. Aber auch einige ältere Modelle verfügen bereits darüber.

    Der Vorteil von Universal-Kindersitzen ist, dass sie in nahezu jedes Auto passen, das über Dreipunkt-Gurte verfügt. Und die sind seit den 1970 Jahren für alles Autos Pflicht. Entsprechende Babyschalen oder Kindersitze werden befestigt, indem der Gurt um den Kindersitz herum¬geführt und per Gurtführung in Position gehalten wird. Jedoch ist bei manchen Fahrzeugen die Gurtlänge dafür zu kurz. Besser also auch hier: Vor dem Kauf ausprobieren, ob der Sitz überhaupt ins Auto passt.

    Sitze mit Stützfuß – wozu?

    Manche Kindersitzmodelle sind mit einem Stützfuß ausgestattet, der den Sitz zusätzlich am Fahrzeugboden abstützt. Er soll verhindern, dass der Kindersitz bei einem Aufprall nach vorne kippt. Auf diese Weise ist das Kind noch besser geschützt. Vor allem für Babys mindert es das Verletzungsrisiko zusätzlich, da Sitz und Kind bei einem Unfall besser in Position gehalten werden. Wichtig dabei: Der Stützfuß darf nicht auf einem Staufach im Fahrzeugboden stehen, wie es sie häufiger in Vans gibt. Da die Abdeckungen der Staufächer meist weniger stabil als der Fahrzeugboden sind, stützen sie den Kindersitz nicht genügend ab.

    Tipp: Auskunft darüber, ob das System für Ihr Auto geeignet ist, erhalten Sie von Ihrem Fahrzeughersteller oder auch vom Hersteller des Kindersitzes. Auch diese Frage sollten Sie besser vor dem Kauf klären.

    Was ist ein Top Tether?

    Einige Isofix-Kindersitze verfügen am oberen Ende über einen Haltegurt, den so genannten Top Tether. Dieser ist eine Alternative zum Stützfuß. Top Tether empfiehlt sich, wenn Fahr-zeug und Kindersitz dafür ausgelegt sind. Vor allem bei Babys mindert der Haltegurt das Verletzungsrisiko zusätzlich, da Sitz und Kind bei einem Unfall besser in Position gehalten werden.

    Jedoch wie beim Stützfuß kommt es auch hier darauf an, dass der Top Tether an dem dafür vorgesehenen Ankerpunkt im Fahrzeug befestigt wird und nicht etwa an einer normalen Gepäcköse. Der Top-Tether-Ankerpunkt befindet sich auf der Hutablage oder im Kofferraum und ist mit dem Top-Tether-Ankersymbol gekennzeichnet.

    Was ist beim Pkw-Airbag zu beachten?

    Wenn Sie einen rückwärts¬gerichteten Kindersitz (Reboarder) auf dem Beifahrersitz montieren, muss der Airbag unbedingt abgeschaltet werden. Andernfalls könnte er in einer Gefahrensituation, in der er ausgelöst wird, das Kind erschlagen. Schalten Sie den Beifahrer-Airbag sofort wieder an, wenn Sie den Reboarder entfernen.

    Wichtig: Der Airbag muss nur abgeschaltet werden, wenn Sie einen Reboarder-Sitz auf dem Beifahrersitz montieren. Bei Kindersitzen, die in Fahrtrichtung ausgerichtet sind, darf der Airbag nicht abgeschaltet werden. Stattdessen sollte der Beifahrersitz möglichst weit nach hinten geschoben sein, damit der Airbag das Kind zwar auffängt, jedoch ohne es mit voller Wucht zu treffen.

    Wie müssen Kinder im Wohnmobil gesichert werden?

    Für die Mitnahme von Kindern im Wohnmobil gilt das, was für alle anderen Fahrzeuge auch gilt: Sie müssen mit geeigneten Kindersitzen gesichert werden. Isofix-Halterungen sind in der Regel, vor allem auch bei älteren Wohnmobilen, nicht vorhanden. Deshalb müssen Kindersitze mit Gurtsicherung zum Einsatz kommen. Und diese dürfen dann nur auf Sitzplätzen montiert werden, die über einen bei 3-Punkt- oder 2-Punktgurt verfügen, der für die Montage eines Kindersitzes zugelassen ist. Diese Voraussetzung erfüllen in der Regel nur vorwärtsgerichtete Fahrzeugsitze. Unter Umständen muss deshalb ein Erwachsener auf einem rückwärtsgerichteten oder seitlichen Sitz Platz nehmen.

    Wichtig: Nach §21 der Straßenverkehrsordnung (StVO) dürfen nicht mehr Personen befördert werden als Sicherheitsgurte vorhanden sind. Außerdem sind in Wohnmobilen die während der Fahrt nutzbaren Sitzplätze ausgewiesen.

     

     

     


    Foto: Christopher Rohde

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