Mit psychischen Unfallfolgen klarkommen

Rund 1,96 Millionen Mal hat es zwischen Januar und September 2019 auf deutschen Straßen geknallt. Zumindest so oft wurde die Polizei zu Verkehrsunfällen gerufen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl der Einsätze um ein halbes Prozent. Gleichzeitig verringerte sich jedoch die Zahl der Unfälle mit Todesopfern um 4 Prozent. Insgesamt verloren 164 Menschen weniger ihr Leben als im selben Zeitraum 2018 - ein Rückgang um 6,6 Prozent. Rückläufig war auch die Zahl der bei einem Verkehrsunfall Verletzten. Sie sank um 4,3 Prozent auf 287.700. Trotz des positiven Trends bleibt es noch ein langer Weg Richtung Vision Zero. Und für die Unfallopfer und -Beteiligten oftmals ein schwerer zurück in die Normalität.

Der Statistik zufolge sind bei einem Verkehrsunfall mit Todesfolge im Schnitt 113 Menschen betroffen: Unfallbeteiligte, Ersthelfer, Zeugen und Einsatzkräfte und Angehörige. Körperliche Verletzungen sind das eine. Aber was ist mit den seelischen Verletzungen, wenn sich das Erleben des Unfalls und die Bilder vom Unfallort ins Gedächtnis einbrennen und traumatisieren?

Psychische Unfallfolgen

Ängste, Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten sind eine häufige Folge solcher Erfahrungen und als Belastungsreaktion zunächst normal. Wenn sie jedoch nicht abnehmen oder gar heftiger werden, besteht die Gefahr, dass die Betroffenen Schaden nehmen und psychisch erkranken. Sich einzugestehen, Hilfe zu brauchen, ist ein wichtiger erster Schritt und hat nichts mit dem Eingeständnis von Schwäche zu tun. Und je eher man sich dazu entschließt desto besser.

Wenn professionelle Hilfe unumgänglich ist

Schneller und unbürokratischer Zugang zu professionellen Hilfsangeboten kann beitragen, die psychischen Folgen traumatisierender Erlebnisse zu mindern oder gar zu vermeiden. Aus diesem Grund hat die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gemeinsam mit dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) und der Verkehrsunfallopferhilfe Deutschland e.V. (VOD) das Online-Portal hilfefinder.de entwickelt.

hilfefinder.de

Das Portal hält umfassende Informationen zu psychischen Unfallfolgen und entsprechenden Hilfsangeboten bereit. So können Betroffene hier u.a. mit Hilfe eines Trauma-Checks prüfen, ob sie Belastungssymptome aufweisen und welche Maßnahmen für sie hilfreich sein könnten. Mit Postleitzahlen-gestützter Suchfunktion lassen sich Institutionen in der Nähe ermitteln, die in der Regel schnell und kostenfrei Hilfe anbieten.

Betroffenen schnell zu helfen, ist das eine Ziel. hilfefinder.de möchte aber auch Behandelnde für das Thema psychische Unfallfolgen sensibilisieren. So hält das Portal außerdem vertiefende Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten, rechtlichen Aspekten und zu Forschungsprojekten zu psychischen Unfallfolgen bereit.

Notfallseelsorge

Menschen in akuten Notsituationen zur Seite steht auch die Notfallseelsorge. Seit Ende der 1990er-Jahre tut sie dies, professionell und überkonfessionell. Über die örtlichen Notfallzentralen organisiert, ist sie durch den Notarzt/Rettungsdienst oder Einsatzleiter von Polizei und Rettungsdienst jederzeit erreichbar. Dort sind entsprechende Rufbereitschaften fest installiert, die für schnelle und unkomplizierte Hilfe Sorge tragen.

Perspektiven der Betroffenheit

„tipp – tipp – tot.“ Dieses und andere Plakatmotive kennt vermutlich jeder, der in Deutschland regelmäßig die Autobahnen nutzt. Großformatige Appelle, die landauf landab die Pisten säumen und für einen verantwortungsvollen Fahrtstil werben. Sie warnen vor fatalen Angewohnheiten wie Smartphone-Nutzung am Steuer, Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit oder unter Alkohol, dem anderen altbekannten „Serienmörder“ im Straßenverkehr. Ob und wie die Botschaft dieser mitunter auf Schock setzenden Motive beim Betrachter ankommt und Wirkung erzielt, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Verantwortung für sich selbst und für andere

Außer Frage steht jedoch, dass selbst kürzeste Momente der Unachtsamkeit, des Leichtsinns und der Selbstüberschätzung viele Leben zerstören, zumindest aber massiv belasten können: das des Verursachers, der Opfer und ihrer Angehörigen. Aber auch das der Einsatzkräfte und Helfer. Denn die, die sich den Job ausgesucht haben, bei Unfällen schnellstmöglich vor Ort zu sein und bestmöglich zu helfen, sind ebenfalls nicht vor seelischen Verletzungen gefeit. Etwa, wenn sie bei Einsätzen ein Bild des Grauens vorfinden und sich ihnen nur eine Frage stellt: Warum. Dann hilft auch ihnen keine Routine und keine professionelle Distanz.

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Foto: Kzenon

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