Sechzig Jahre Leitplanken – eine Zwischenbilanz

Premiere feierten sie 1955 am Ruhrschnellweg. Dort wurden die ersten Stahlschutzplanken installiert. Seit nunmehr sechzig Jahren ist die „Leitplanke“ fester Bestandteil im Straßenbau. Ihre Aufgabe: Das Schlimmste zu verhindern. Erfolgreich? Im Prinzip schon. Aber es gibt noch einiges zu tun.

Vorrangiger Zweck passiver Schutzeinrichtungen, zu denen Stahl- wie Betonsysteme zählen, ist es, Verkehrsteilnehmer vor Gefahren zu bewahren, die sich dahinter befinden. Wie das System beschaffen ist, richtet sich dabei nach den jeweiligen Gegebenheiten vor Ort, erklärt Welf Stankowitz, Referatsleiter Fahrzeug- und Verkehrstechnik beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) in Bonn. Verwendet werden muss ein System mit einer der Gefahr entsprechenden „Aufhaltestufe“.

Steigende Anforderungen

Soweit die Theorie. Für die Praxis bedeutet das, dass die Leitplanken sich kontinuierlich den Gegebenheiten anpassen müssen, um dieser Aufgabe gewachsen zu sein. Wog in den 1970er Jahren ein VW 1600 Variant gerade mal 1.000 Kilo, so bringt sein moderner Nachfahre, der Passat, bereits 1.400 Kilo Gewicht auf die Straße und in Bewegung. Im Lkw-Verkehr sieht es ähnlich aus. Die Zunahme an Gewicht und Geschwindigkeit verlangt den Schutzplankensystem heute weit mehr ab als zu Wirtschaftswunderzeiten.

Heute sind moderne Systeme in der Lage, es mit der Schwungmasse von 40-Tonnern aufzunehmen und diese so umzuleiten, dass keine Menschen zu Schaden kommen. Ein weiteres Kriterium für den Erfolg der Systeme: Sie müssen wartungsfreundlich und leicht zu installieren sein. So ist z.B. eine Drei-Mann-Kolonne heutzutage in der Lage, 30 bis 35 Meter Leitplanke pro Stunde zu errichten.

Verletzungsrisiko für alle Verkehrsteilnehmer reduzieren

Die Leitplankentechnik stetig zu verbessern, ist Aufgabe der Systemanbieter, von denen es rund 40 bis 60 in Deutschland gibt. Und sie ist eine Daueraufgabe. Denn was für Pkw und Lkw tadellos funktioniert, kann für Motorradfahrer zur tödlichen Falle werden: Insbesondere die Metallpfosten, die die Planken tragen, stellen ein enormes Verletzungsrisiko dar. Motorradfahrer, die von ihrer Maschine stürzen, mit ihrem Körper über die Straße schlittern und gegen einen dieser Pfosten prallen, tragen mitunter schwerste oder gar tödliche Verletzungen davon, darunter abgerissene Gliedmaßen oder gar Enthauptungen.

So wird derzeit u.a. an Speziallösungen geforscht, die einen wirksamen Schutz gegen das Durchrutschen von Motorrädern, aber auch von Cabrios unter der Planke bieten. Entsprechende Unterfahrschutzlösungen sind bereits im Einsatz und helfen Leben zu retten.

"Leidplanken" entschärfen

Eine Initiative, die sich zur Aufgabe gemacht hat, auf Gefahrenstellen für Motorradfahrer hinzuweisen und diese baulich verändern zu lassen, ist MEHRSi. Vor über 17 Jahren hat die Initiative damit begonnen, Unfallstellen zu lokalisieren und dann im Marsch durch die Instanzen der unterschiedlichsten Zuständigkeiten von 16 Bundesländern, Kreisen, Gemeinden, Kommunen, Städten bis hin zu den Straßenmeistereien auf deren Entschärfung zu drängen, unterstützt von Opfern und Angehörigen. Offenbar mit Erfolg. Denn: „Bis zur ‚Entschärfung‘ bedarf es Leidenschaft und Hartnäckigkeit. Da MEHRSi aber über die Jahre ‚Dauergast‘ geworden ist, beschleunigt das gewonnene Vertrauen die Prozesse“, so die Initiative, eine gemeinnützige GmbH, auf ihrer Website.

Vorher: Leitplanke an Gefahrenstelle - noch ohne Unterfahrschutz

Leitplanke ohne Unterfahrschutz
Quelle: mehrsi.org

Nachher: Leitplanke an Gefahrenstelle - mit Unterfahrschutz

Leitplanke mit Unterfahrschutz
Quelle: mehrsi.org

So werden auch in den nächsten 60 Jahren verbesserte Leitplanken nicht allein dazu beitragen können, die Zahl der Unfälle zu verringern. Aber sie werden weiterhin helfen, die Unfallschwere zu mindern.

Mehr zu diesem Thema u.a. auf mehrsi.org

 

 

 


Foto: Zhao jiankang

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