Das ändert sich 2021 im deutschen Straßenverkehr
Das neue Jahr bringt eine Reihe von Änderungen für den Straßenverkehr mit sich – höhere Kfz-Steuer, geänderte Regionalklassen, neuer Kostenfaktor für den Spritpreis und die Bemessung der Pendlerpauschale – um nur einige zu nennen. Näheres dazu erfahren sie hier.
Kein Kompromiß bei gescheiterter StVO-Novelle
Der Streit um die im April 2020 erlassene StVO-Novellierung geht weiter. Die Umsetzung der angezogenen StVO ist bisher aufgrund eines Formfehlers gescheitert. Die Bemühungen im Bundesrat Ende des Jahres einen Kompromiss herbeizuführen scheiterten, so dass vorerst die Bußgeldsätze der neuen StVO weitestgehend außer Kraft gesetzt wurden. An ihre Stelle treten die alten Regelungen.
Die angepasste StVO samt höheren Bußgeldern und härteren Strafen für Raser sollte seit dem 28. April 2020 für striktere Regelungen im Straßenverkehr sorgen. Jedoch wurde sie Anfang Juli 2020 aufgrund eines Formfehlers in Teilen wieder außer Kraft gesetzt. Grund: Das sogenannte Zitiergebot des Grundgesetzes wurde verletzt. Bei Erlass einer Verordnung muss angegeben werden, auf welcher Rechtsgrundlage der Verordnungsgeber gehandelt hat.
Es ist schon verwunderlich, dass dieser Formfehler überhaupt vorkam, da bereits in der jüngeren Vergangenheit solche Formfehler die Novellierung der StVO beeinflusst haben. Mit einer Entscheidung aus dem Jahr 1999 stellte das Bundesverfassungsgericht bereits fest, dass die Verordnung gegen das Zitiergebot verstoße. Zudem wurde eine Verordnung, die durch den ehemaligen Verkehrsminister Peter Ramsauer initiiert wurde, wegen Formfehler im Jahr 2009 aufgehoben. So sollte man doch meinen, dass man aus Fehlern lernt, aber falsch gedacht. Also geht es fast schon traditionell weiter.
Der (Noch-)Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Amtskollegen der Bundesländer streiten fleißig weiter, wie die Änderungen der StVO-Novelle aussehen könnte. Insbesondere die Erhöhung der Strafen für Temposünder stehen dabei in der Debatte.
Die folgenden Tatbestände in der StVO-Verordnung dürften nach Meinung von Rechtsexperten ungültig und nicht mit einem Fahrverbot geahndet werden:
- Geschwindigkeitsüberschreitung 21 – 30 km/h innerorts
- Geschwindigkeitsüberschreitung 26 – 40 km/h außerorts
- Nichtbilden der Rettungsgasse trotz stockenden Verkehrs
- Befahren der Rettungsgasse durch Unbefugte
- Gefährliches Abbiegen
Es empfiehlt sich in diesen Fällen einen auf Verkehrsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren, um gegen Bußgeldbescheide vorzugehen. Wichtig ist, dass Sie die 14-tägige Frist für den Einspruch beachten, da ansonsten keine Chancen bestehen dem Bußgeldbescheid entgegenzuwirken.
Gaffen wird stärker sanktioniert
Waren bisher nur lebende Personen vor bloßstellenden Aufnahmen geschützt, kann künftig auch das Fotografieren und Filmen von Toten unter Strafe gestellt werden. Bis zu zwei Jahre Haft oder hohe Geldstrafen drohen künftig Gaffern, die ihr Smartphone zücken und draufhalten.
Höhere Kfz-Steuer
Als Maßnahme im Zuge des Klimapakets erhöht sich die Kfz-Steuer. Gedacht als Kaufanreiz für verbrauchs- und emissionsärmere Autos, wird der CO2-Aufschlag künftig stärker gewichtet. Die Hubraumbesteuerung bleibt als zweite Säule der Kfz-Steuer-Bemessung unverändert bestehen. Die verschärfte CO2-Komponente greift ab einem CO2-Ausstoß von 96 g Kohlendioxid pro Kilometer und erhöht sich ab einem Emissionswert von 116 g / Kilometer stufenweise. Bei großvolumig motorisierten Pkw mit entsprechend hohem CO2-Ausstoß kann diese Maßnahme mit mehreren hundert Euro zu Buche schlagen. Im Schnitt beträgt die Erhöhung ca. 16 €.
Pkw-Halter, deren Fahrzeug weniger als 95 g / km CO2 ausstoßen, werden lediglich anhand des Hubraums besteuert. Sie sind genauso wenig vom dem CO2-Aufschlag betroffen wie alle anderen Autofahrer, deren Fahrzeuge vor 2021 zugelassen wurden. Neben der Erhöhung des CO2-Steueranteils hat die Bundesregierung auch die vollständige Steuerbefreiung für emissionsfreie Elektroautos bis 2030 angekündigt.
Stufe | CO2-Prüfwert (WLTP) in g/km | Steuersatz in Euro je g/km |
---|---|---|
1 | über 95 bis 115 | 2,00 |
2 | über 115 bis 135 | 2,20 |
3 | über 135 bis 155 | 2,50 |
4 | über 155 bis 175 | 2,90 |
5 | über 175 bis 195 | 3,40 |
6 | über 195 | 4,00 |
Quelle: Zoll.de
Höhere Spritpreise
Kannten die Spritpreise 2020 eigentlich nur eine Richtung: nach unten, wird es ab Jahreswechsel um etwa 7 bis 8 Cent je Liter Benzin oder Diesel teurer. Hintergrund ist die vom Bundestag im Oktober 2020 beschlossene Erhöhung des CO2-Preises im Verkehr. Während der Emissionshandel 2021 mit einem fixen Preis von 25 € je Tonne CO2 beginnt, steigt dieser Preis bis 2025 auf 55 € je Tonne.
Der (Heiz-)Ölpreis ist ebenfalls von dieser Preisanhebung betroffen. Entlastung ist hingegen beim Strompreis zu erwarten. So hat die Bundesregierung in Aussicht gestellt, ab 2021 die Stromkosten als Gegengewicht zur neuen CO2-Bepreisung zu senken. Das Prinzip dahinter: Steigen die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, wird der Strompreis weiter gesenkt. Auch Wohngeldempfänger werden ab 2021 bei den Heizkosten unterstützt.
Änderungen bei der Pendlerpauschale
Ab 2021 wird ab dem 21. Kilometer die Pendlerpauschale von 30 auf 35 Cent pro Kilometer erhöht. Ab 2024 wird die Pauschale um weitere drei Cent auf insgesamt 38 Cent je Kilometer erhöht. Das Ganze ist befristet bis Ende 2026 und als Ausgleich für die höheren Spritkosten im Zuge der CO2-Bepreisung gedacht. Ebenfalls neu dabei: Die Pauschale können nicht nur Autofahrer in Anspruch nehmen, sondern sie gilt für den Arbeitsweg – unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel.
Mehrwertsteuersatz und Umweltbonus
Die als Konjunkturhilfe gedachte Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf 16 % wird zum Jahresanfang 2021 wieder rückgängig gemacht. In der Absicht verständlich, in der Praxis aber vielfach sehr aufwändig zu handhaben, hat sich diese Maßnahme nicht überall großer Beliebtheit erfreut. Wer jedoch größere Anschaffungen plant, z.B. einen Autokauf, sollte dies noch 2020 erledigen. Wer sich ein E-Auto zulegen möchte, kann dabei sogar zweifach profitieren, denn der Umweltbonus für Elektroautos, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge wird noch bis Ende 2025 gewährt.
Innovationsprämie
Das am 9. Oktober 2020 beschlossene Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung beinhaltet darüber hinaus auch eine Erhöhung der Umweltboni für Elektroautos, die jetzt bis Ende 2025 gewährt werden. Mit dieser Innovationsprämie wird der Bundesanteil an der Förderung verdoppelt. Von der Innovationsprämie profitieren folgende Elektrofahrzeuge:
- Neuwagen, die nach dem 3. Juni 2020 zugelassen wurden,
- Gebrauchtwagen, die erstmalig nach dem 4. November 2019 oder später zugelassen wurden und deren Zweitzulassung nach dem 3. Juni 2020 erfolgt ist.
Mit der neuen Richtlinie wird beim Leasing die Höhe der Förderung abhängig von der Leasingdauer gestaffelt. Leasingverträge mit einer Laufzeit ab 23 Monaten erhalten weiterhin die volle Förderung. Bei kürzeren Vertragslaufzeiten wird die Förderung entsprechend angepasst.
Weitere Informationen zur Höhe der Fördersummen und zur Beantragung gibt es auf der BAFA-Website (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontolle).
Recht auf Wallbox jetzt amtlich
Nachdem der Bundestag einem entsprechenden Gesetzesentwurf des Bundesrates zugestimmt hat, haben nun Mieter und Wohnungseigentümer künftig einen Anspruch auf den Einbau einer Ladestation für Elektroautos. Bisher scheiterte der Einbau häufig an der fehlenden Zustimmung der Miteigentümer oder Vermieter.
Neue HU-Plakette
Wer auf seinem Nummernschild eine gelbe HU-Plakette spazieren fährt hat, muss 2021 zur Hauptuntersuchung. Erfolgreiches Bestehen wird mit einer rosa Plakette quittiert, die dann die Pflicht zur Wiedervorstellung 2023 signalisiert.
Änderungen bei Typklassen der Kfz-Versicherung
Die einen werden sich freuen, die andern werden etwas tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Änderung der Typklassen in der Kfz-Versicherung, die 2021 ansteht, sortiert 4,6 Mio. Autofahrer in eine günstigere und 6,1 Mio. Autofahrer in einer teurere Typklasse um. Für das Gros der Autofahrer hingegen, rund 30,6 Millionen, ändert sich nichts.
OPFEP – Optimierte Praktische Fahrerlaubnisprüfung
Künftig soll es zehn Minuten länger dauern bis das Urteil fällt: bestanden oder nicht bestanden. Genau genommen verlängert sich die Fahrzeit der praktischen Prüfung um fünf Minuten. Die restlichen fünf Minuten sollen für ein ausführliches Resümee zur gezeigten Leistung und für die Einschätzung der Fahrkompetenz im Anschluss an die Prüffahrt verwendet werden. Das Ganze soll es zusätzlich auch schriftlich geben – unabhängig vom Ausgang der Prüfung. Diese Maßnahme soll dem erhöhten Unfallrisiko von Fahranfängern entgegenwirken.
Automatikregel
Das Datum ist etwas unglücklich gewählt, das Ganze aber dennoch ernst gemeint: Ab 1. April 2021 soll die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer geplante Automatikregel ihr segensreiches Wesen entfalten dürfen. Damit soll es künftig möglich sein, die praktische Fahrprüfung mit einem Auto mit Automatikgetriebe zu absolvieren, ohne dass dann die Fahrerlaubnis, sofern sie denn erteilt wird, auf das Fahren von Pkw mit Automatikgetriebe beschränkt wird.
Digitalradio-Pflicht für Neuwagen
Die Pflicht, alle Neuwagen mit digital-terretrischem Radioempfang auszustatten, gilt bereits ab/seit 21. Dezember 2020. Ihr unterliegen die Kfz-Hersteller aller EU-Mitgliedsstaaten.
OBFCM - Meldepflicht für Kraftstoffrealverbrauch
2021 scheint auch das Jahr kryptischer Kürzel zu werden. OBFCM steht für „On-Board Fuel Consumption Meter“ zu deutsch „eingebaute Treibstoff-Realverbrauchsanzeige“. Ab Jahresbeginn 2021 ist die Software, die den Kraftstoff- bzw. Energierealverbrauch des jeweiligen Fahrzeugmodells aufzeichnet, dann Pflicht für alle Fahrzeuge, die zum ersten Mal zugelassen werden. OBFCM ist als Korrektiv für die teilweise unrealistisch niedrigen Verbrauchsangaben der Hersteller gedacht.
Günstigere Ersatzteile
Das Nachbauverbot für sichtbare Autoersatzteile gilt ab 2021 nicht mehr. Bisher waren sie ein Privileg des jeweiligen Fahrzeugherstellers, Preisvorgabe inklusive. Aber nicht zu frühr freuen: Weil das Gesetz nur für Ersatzteile gilt, für die nach dessen Inkrafttreten Kopierschutz angemeldet wurde, kann es mit den günstigeren Bauteilpreisen für die Endkunden noch ein Weilchen dauern.
Verlängerte Verkaufsfrist für Motorräder mit Euro-4-Norm
Corona hinterlässt auch bei EU-Verordnungen Bremsspuren: War für Verkauf und Zulassung von Motorrädern geplant, dies ab 2021 nur noch für Modelle zu gewähren, die die EURO-5-Norm erfüllen, wurde dieser Termin um ein Jahr verschoben: Bereits hergestellte Motorräder, die nicht der neuen Euro-5-Abgasnorm entsprechen, dürfen in Europa ein weiteres Jahr zum Verkauf angeboten werden.
Foto: ako photography