Wie E-Autos bei der HU abschneiden

Welche Figur machen zwei bis drei Jahre alte E-Autos, wenn sie das erste Mal zum TÜV müssen? Ende Januar 2022 veröffentlichte der TÜV-Verband die Ergebnisse seiner Sonderauswertung der ersten Hauptuntersuchung (HU) für Elektroautos. Mit von der Partie waren die vier beliebtesten Modelle der letzten Jahre: BMW i3, Renault Zoe, Smart Fortwo Electric Drive und Tesla Model S. Die Bilanz ist durchwachsen, der Zustand der Modelle variiert. Doch zwei sicherheitsrelevante Aspekte fallen bei dieser Auswertung unabhängig vom jeweiligen Modell ins Auge: Der Zustand der Bremsen und die noch fehlenden amtlichen Prüfvorgaben für Ladekabel und Batterie.

Im regulären TÜV-Report 2022, für den rund 9,6 Millionen Hauptuntersuchungen von Pkw ausgewertet wurden, sind die vier betrachteten E-Auto-Modelle noch nicht enthalten. Schließlich werden sie erst seit wenigen Jahren in größeren Stückzahlen in Deutschland verkauft. Stattdessen erfolgte die Sonderauswertung auf Grundlage von insgesamt 5.538 Hauptuntersuchungen (HU).

Anzahl der Hauptuntersuchungen nach Modell:

BMW i3: 1.142 HUs
Renault Zoe: 1.939 HUs
Smart Fortwo Electric Drive: 1.645 HUs
Tesla Model S: 812 HUs

Das mag dem Ergebnis eine gewisse Vorläufigkeit verleihen. Doch im Vergleich mit dem regulären TÜV-Report 2022 lassen sich klare Tendenzen ablesen, die Jürgen Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands wie folgt umreißt: „Bei der ersten Hauptuntersuchung von Elektrofahrzeugen gibt es Licht und Schatten. Das Ergebnis der Sicherheitsprüfung hängt wie bei anderen Antriebsarten vom jeweiligen Modell ab.“

So haben die untersuchten Stromer abgeschnitten:

Smart Fortwo: besser als Durchschnitt vergleichbarer Verbrenner

In der Gruppe der zwei bis drei Jahre alten Pkw mit Verbrennungsmotor liegt der Anteil der Fahrzeuge mit erheblichen Mängeln im Schnitt bei 4,7 Prozent. Diese fallen bei der TÜV-Prüfung durch und müssen zur Mängelbeseitigung erst einmal in die Werkstatt, bevor sie erneut beim TÜV vorgestellt werden und auf die Plakette hoffen dürfen.

Bezogen auf diesen Vergleichswert schnitt der Smart Fortwo am besten ab. Mit einer Mängelquote von 3,5 Prozent würde er in der 128 Modelle umfassenden TÜV-Liste der zwei- bis dreijährigen Verbrenner im vorderen Drittel landen.

BMW i3: Mängelschnitt wie bei gleichalten Verbrennern

Der BMW i3 trifft mit 4,7 Prozent exakt den Mängelschnitt der Verbrenner. Er würde immerhin noch im zweiten Drittel dieser Liste landen. Defektes Abblendlicht und Schäden an den Bremsscheiben sind ein häufiges Manko bei ihm, wobei TÜV-Chef Jürgen Bühler zurecht anmerkt, dass Probleme mit den Bremsen typisch für E-Autos seien.

Renault Zoe: ein Platz im unteren Drittel der TÜV-Liste

Beim Renault Zoe fällt die HU-Bilanz schlechter aus als bei einem durchschnittlichen zwei bis 3 Jahre alten Verbrenner. Mit einem Mängeldurchschnitt von 5,7 Prozent reicht es nur für einen Platz im unteren Drittel der besagten TÜV-Liste. Typische Zoe-Makel sind defekte oder falsch eingestellte Scheinwerfer sowie Beanstandungen an den Achsaufhängungen.

Schlusslicht bei den Stromern: Tesla Model S

Mit einer Mängelquote von 10,7 Prozent fällt jeder zehnte Tesla bei der HU im ersten Anlauf durch und landet im letzten Drittel der TÜV-Liste – deutlich hinter Renault Zoe. Verbrenner, die noch schlechter als das Model S abschneiden, sind Dacias Duster und Logan. Verantwortlich für Teslas schlechte Platzierung sind, neben Mängeln an Nebel- und Abblendlicht, Probleme mit den Querlenkern.

Achillesferse der E-Autos: die Bremsen

Durch Rückgewinnung der Bremsenergie per Rekuperation werden bei E-Autos die Bremsen seltener benutzt, was zur Folge hat, dass sie häufiger korrodieren.

Abhilfe kann eigentlich nur ein häufigeres „echtes“ Bremsen schaffen. Das wiederum schmälert den Rekuperationseffekt. Für E-Autofahrer tut sich hier also ein gewisses Dilemma auf zwischen energiesparender Fahrweise einerseits und dem Vermeiden kostspieliger Reparaturen an den Bremsen andererseits.

HU-Prüfvorgaben für E-Autos noch ausbaufähig

Es gibt bereits Untersuchungspunkte bzw. Prüfvorgaben, die dazu dienen, die Verkehrssicherheit von Elektroautos zu überprüfen. Diese werden ergänzt von fahrzeugbezogenen Prüfhinweisen und betreffen z.B. die Befestigung der Hochvolt-Batterie sowie den Zustand der Isolierungen, Leitungen, Anschlüsse und Stecker. Ist ein Ladekabel vorhanden, wird auch das leichte Einstecken und Abziehen seines Steckers überprüft.

Ebenfalls auf der HU-Checkliste steht die Überprüfung der Wegfahrsperre, die bei angeschlossenem Ladekabel automatisch aktiviert sein sollte. Das Ladekabel an sich werde bisher nicht geprüft, so Bühler. „Eine Mitführpflicht für Ladekabel müsste erst gesetzlich verankert werden, bevor diese bei der HU geprüft werden können.“

Dass die Batterie, eine der wichtigsten Komponenten von E-Autos, gegenwärtig nur einer sachverständigen Sichtprüfung unterzogen wird, mag etwas überraschen, wenn man bedenkt, dass die mehrere hundert Kilogramm schweren Akkublöcke hin und wieder massive Probleme bereiten. Am Fehlen einer gesetzlich verankerten Mitführpflicht dürfte es nicht liegen. Oder etwa doch?


 

 

 


Foto: Wellnhofer Designs

Merken